In der Alten Feuerwache ist jetzt der erste neue Ballettabend der Spielzeit zu sehen. Die Chefin des Saarbrücker Balletts, Maguerite Donlon, hat einen Abend zusammengestellt, der Stücke von jungen Choreografen zeigt, die auf zwei internationalen Wettbewerben Preise gewonnen haben. Deshalb heißt der Abend „The winners are....“. Sehr gewinnend, meint Anke Schaefer.
(29.09.2008) Schon der Auftakt ist fulminant. Ein Mann tanzt langsam, fast zärtlich mit zwei großen Kisten aus braunem Packpapier. Galant und elegant geht er mit seinem eckigen Gegenüber um, krabbelt drüber, steht mal drauf, dreht sich in Sekundenschnelle drunter weg, wenn ihn die Kisten zu erschlagen drohen. Da weht ein bisschen Melancholie über die Bühne, aber eigentlich scheint hier nichts zu fehlen.
Doch dann: Plötzlicher, unerwarteter Wechsel der Musik. Auftritt: Eine Frau. Und jetzt wird alles anders. Der Rhythmus plötzlich rasant, das getanzte Leben auf einen Schlag erfüllt von Spaß und Überraschung. „Box“ heißt diese Choreografie, mit der der neue Ballettabend in der Alten Feuerwache beginnt.
Kreiert hat dieses Stück das Duo Dan Pelleg und Marko E. Weigert. Beim internationalen Wettbewerb für Choreografen in Hannover haben sie 2006 dafür den Publikumspreis bekommen und das ist der Grund, warum Marguerite Donlon, die Chefin des Saarbrücker Balletts, die Produktion für „The Winners are...“ eingeladen hat.
Dieser Abend nämlich setzt sich zusammen aus sieben Stücken, die entweder in Hannover oder beim Choreografiewettbewerb in Ludwigshafen in den letzten Jahren Preise gewonnen haben. Gewinner also. Marguerite Donlon war dort in der Jury, hat mitentschieden. Alle Choreografen sind noch jung, stehen - der eine mehr, er andere weniger - am Anfang der Karriere.
Und so wie die Choreografie „Box“, so erzählt auch die zweite dieses Abends, von dem Franzosen LoÏc Perela, Titel „A la réflexion“, eine Beziehungsgeschichte. Diesmal beginnt alles in der Stille, dann treten zwei Menschen (Meritexell Aumedes Molinero und Alfredo Garcia Gonzales) in einen intensiven Dialog, in die Auseinandersetzung miteinander, und als sie sich zum Schluss das erste Mal umarmen, erlangt diese an sich so einfache Geste eine ungeheure Wucht, weil sich in ihr in einer Sekunde die ganze aufgeladene Spannung des Stückes entlädt.
Ein Solo zeigt dagegen der Spanier Rafael Bonachela: „Irony of Fate“. Es tanzt wunderbar Bérengère Brulebois, seit diesem Herbst als Gasttänzerin am STT engagiert: Packend, sphärisch, zweideutig, ein Tanz, der sich nicht festlegen lässt, der der sich auf geheimnisvolle Weise im Ungewissen bewegt (hervorragend: die Lichtregie).
Und dann sind da die beiden Choreografien des Italieners Mirko Guido, der bis vor kurzem Mitglied der Donlon Dance Companie war und jetzt am Hessischen Staatstheater in Wiesbaden tanzt. Die Choreographie „Tra me e se, forse“, - ein wunderbar humorvolles und viel sagendes Duo zweier Männer in viel zu großen Hosen -, hat er 2007 für das Staatstheater choreographiert und damit dieses Jahr beim Internationalen Wettbewerb für Choreografen in Hannover den erste Preis der Jury und den Publikumspreis bekommen. Und in „unwritten“ erzählt er eine komische Märchengeschichte mit enorm agiler Oma.
Ganz anders das Stück von dem Israeli Idan Cohen („A year in a fish life“), in dem die drei Tänzerinnen vor allem die Horizontale erkunden. Und aus dem Rahmen fällt das Stück von dem Kanadier Eric Gauthier, ein Solo mit dem Titel „Ballet 101“, in dem er mit den klassischen Positionen des Balletts spielt. Fast eine Slapstick-Nummer, die Tänzer Takayuki Shiraishi da abgeben muss, wenn er den Anweisungen der Stimme aus dem Off folgt, die in mörderischer Schnelle die komplizierteste Positionen-Folge diktiert, die man sich vorstellen kann. Am Ende wird es den armen Tänzer dann glatt in seine Einzelteile zerlegen….
Sieben Stücke - sieben köstliche Häppchen. Humor beweisen diese jungen Choreografen und – vor allem im ersten Teil vor der Pause - gleichzeitig Tiefe. „The winners are...“ - wieder ein Abend, der uns für die Donlon Dance Company gewinnt.
Ein Beitrag von Anke Schaefer