Zusammenfalten

TANZ

Die mechanische Stimme des Navigationssystems schallt durch den Raum: „Nach 500 Metern links abbiegen! An der nächsten Ausfahrt rechts abbiegen, dann links!“ Eine Orientierungshilfe ist vonnöten: Pappstreifen, die an Drahtseilen von der Decke hängen, verwandeln die Bühne in ein Labyrinth. Fünf Tänzer bewegen sich wie ferngesteuert, falten mit hektischen Bewegungen riesige Kartons zusammen und werfen sie einander zu. Im nächsten Moment verschwinden Mann und Frau in einer selbstgebauten Höhle, er hält sie in seinen Armen und es wirkt, als schwebe sie – bis er sie gegen die Kartonwand stößt und diese zusammenkracht. Akrobatik, Versteck- und Kinderspiel - all das ist dieser Kampf, bei dem die Beteiligten ständig drohen, das Gleichgewicht zu verlieren und sich doch im letzen Moment wieder fangen. „Schmetterlingsdefekt“ heißt das neue Stück der wee dance company und es lebt von der verspielten, ironischen Körpersprache der Tänzer. Mit subtilem Witz bringen sie das Publikum in den Sophiensälen zum Lachen (30.7. sowie 2. bis 4.8., 21 Uhr); lassen Stolz, Sehnsucht, Neid und Ziellosigkeit aus ihren Bewegungen sprechen. Da küssen sie sich in einem Moment, um dann im nächsten ihre Ansprüche geltend zu machen. Ein Platzkampf beginnt, die Sitznachbarin soll mit wildem Hin- und Hergeschaukel von ihrem Sockel gestürzt werden. Doch in Sachen Selbstbewusstsein siegt die schwangere Tänzerin: Stolz streicht sie über ihren nackten Bauch und betrachtet die flachen Bäuche der anderen. Voller Mitleid.

Denise Dismer